Abschnitt ErDa-6 - Das Bauchgefühl als Partner:
VI. 9. Buddhas poetische Meditationsanalyse .
letzte Änderungen am 6. Januar 2018
Wer wäre wohl besser geeignet, uns kompetent darüber in Kenntnis zu setzen, wie eine erfolgreiche Meditation, wie das Erreichen der meditativen Vertiefungszustände, also etwas, das für die meisten von uns ein Fernziel ist, erreicht werden kann, als der Buddha.
 
Ich möchte daher heute Buddhas eigene Worte hier wiedergeben. Es ist der Auszug einer Lehrrede, die der Buddha vor etwa zweieinhalb Jahrtausenden gab. Sie wurde uns überliefert vom ehrwürdigen Ananda und findet sich im Palikanon, den ältesten Schriften des Buddhismus (Samannaphala Sutta, DN 2).

Der Buddha spricht dabei in einer poetischen Sprache, liefert jedoch gleichzeitig eine unwahrscheinlich scharfsinnige Analyse. Ich werde zunächst den entscheidenden Text etwas gekürzt im Wortlaut vortragen und anschließend eine Textanalyse vornehmen. Hier also die Wort des Buddha:

(1) „Während er so diese fünf Hemmungen in sich aufgehoben erkennt, wird er freudig bewegt. Freudig bewegt wird er heiter. Heiteren Herzens wird der Körper beschwichtigt. Körperbeschwichtigt fühlt er sich wohl. Sich wohlfühlend wird sein Geist einig. So gewinnt er, fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Verzückung, die erste Vertiefung. Diesen Leib durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit ruhegeborener seliger Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von ruhegeborener seliger Verzückung ungesättigt bleibt.

(1a) „Gleichwie etwa, ein gewandter Bademeister auf ein Becken Seifenpulver streut und mit Wasser versetzt, verreibt und vermischt, so dass sein Schaumball völlig durchfeuchtet, innen und außen mit Feuchtigkeit gesättigt ist und nichts herabträufelt: ebenso auch, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib mit ruhegeborener seliger Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von ruhegeborener seliger Verzückung ungesättigt bleibt. - Das aber ist ein sichtbarer Lohn der Bemühung, vortrefflicher noch als es der frühere war.

(2) „Weiter sodann: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von Sinnen, von Gedenken freie, in der Einigung geborene selige Verzückung, die zweite Vertiefung. Diesen Leib durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit der in der Einigung geborenen seligen Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Verzückung ungesättigt bleibt.

(2a) „Gleichwie etwa, ein See mit unterirdischer Quelle, in den sich kein Bach ergösse, keine Wolke mit tüchtigem Regen darüber hinwegzöge, in welchem nur die kühle Quelle des Grundes emporwellte und diesen See völlig durchdränge, durchtränkte, erfüllte und sättigte, so dass nicht der kleinste Teil des Sees von kühlem Wasser ungesättigt bliebe: ebenso auch durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib mit der in der Einigung geborenen seligen Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Verzückung ungesättigt bleibt. Das aber ist ein sichtbarer Lohn der Bemühung, vortrefflicher noch als es der frühere war.

(3) „Weiter sodann: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmütig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: 'Der gleichmütig Einsichtige lebt beglückt'; so erwirkt er die dritte Vertiefung. Diesen Leib da durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von Verzückung ungesättigt bleibt.

(3a) „Gleichwie in einem Weiher einzelne Lotusse im Wasser entstehen, im Wasser sich entwickeln, unter dem Wasserspiegel bleiben, aus der Wassertiefe Nahrung aufsaugen und ihre Blüten und ihre Wurzeln von kühlem Wasser durchdrungen, durchtränkt, erfüllt und gesättigt sind, so dass nicht der kleinste Teil jedes Lotusses von kühlem Nass ungesättigt bleibt: ebenso auch, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib mit Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von Verzückung ungesättigt bleibt. Das aber, ist ein sichtbarer Lohn der Bemühung, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

(4) „Weiter sodann: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt der Mönch die leidfreie, freudlose, gleichmütig einsichtige vollkommene Reine der vierten Vertiefung. Er setzt sich hin und bedeckt diesen Leib mit geläutertem Gemüte, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von dem geläuterten Gemüte unbedeckt bleibt.

(4a) „Gleichwie etwa, wenn sich ein Mann vom Scheitel bis zur Sohle in einen weißen Mantel eingehüllt niedersetzte, so dass nicht der kleinste Teil seines Leibes von dem weißen Mantel unbedeckt bliebe: ebenso auch setzt sich der Mönch nieder und hat nun diesen Leib mit geläutertem Geiste überzogen, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von dem geläuterten Geiste unbedeckt bleibt. Das aber ist ein sichtbarer Lohn der Bemühung, vortrefflicher noch als es der frühere war.

(Letzter Abschnitt) „Solchen Geistes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unantastbar, richtet er den Geist auf die Wissensklarheit. Er erkennt nun: 'Das ist mein Leib, der gestaltet, aus den vier Hauptstoffen entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt, dem Vergehen, dem Untergang, dem Ende, Auflösung, der Zerstörung verfallen ist; das hingegen ist mein Bewusstsein, daran gebunden, daran geknüpft'.

Der Text ist gegliedert in neun Abschnitte. In jeweils einem Abschnitt erläutert der Buddha eine der vier meditativen Vertiefungen der feinkörperlichen Ebene. Im Anschluss an jeden dieser Abschnitte bringt er zu dieser nüchternen Analyse ein Beispiel aus dem Leben, mit dem er diese Erfahrung vergleicht. Die Erläuterung dieser vier meditativen Vertiefungen mit den vier Beispielen ergibt acht Abschnitte. Im neunten und letzten Abschnitt gibt der Buddha einen Ausblick, wie man aufbauend auf dieser Samatha-Praxis, die der Geistberuhigung und Geistesklarheit dient, eine Vipassana-Meditation, eine Einsichtspraktik aufbaut, die über relative Einsichten zur absoluten Einsicht, zur Erleuchtung führt.

Sehen wir uns nun die Aussagen des Buddha im Einzelnen an:

Während er so diese fünf Hemmungen in sich aufgehoben erkennt, wird er freudig bewegt.

Die fünf Hemmungen, von denen der Buddha spricht, sind natürlich die fünf Gruppen von Meditationshindernissen, die wir hier im Laufe des ErDa-Kurses besprochen haben, also Verlangen nach sinnlichen Eindrücken, Aversion, Trägheit, Aufgeregtheit und Unentschlossenheit.

Das erste, was der oder die Meditierende tun muss, ist also in einen Zustand zu kommen, bei dem die fünf Hindernisse überwunden sind. Die meisten von uns werden fast immer genau daran zu arbeiten haben. Wie das geht, habe ich bisher in mehreren Beiträgen erörtert, weitere zu dieser Thematik werden folgen. Man könnte also sagen, mein heutiger Aufsatz ist so etwas wie Zukunftsmusik für unsere Praxis. Dennoch halte ich ihn für sinnvoll, und zwar auch für dich, denn wenn wir nicht wissen, wohin wir kommen wollen, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir wo völlig anderes ankommen.

Der Buddha erläutert auch, was die Frucht, was die Folge, der Überwindung der fünf Hindernisse ist: sobald man erkennt, dass man diese Hindernisse zumindest dieses eine Mal überwunden hat, so sagt der Buddha, wird man freudig bewegt.

Hierin liegt einerseits ein großes Glück, andererseits allerdings auch eine erhebliche Gefahr. Die Gefahr besteht darin, dass wir nicht freudig bewegt sind, sondern freudig erregt. Und diese Erregung ist natürlich eine bestimmte Art von Aufgeregtheit, und damit wieder eines der Meditationshindernisse. Außerdem wird in uns das Verlangen entstehen, diese freudige Erregung zu vertiefen oder beizubehalten, und das wiederum wäre sinnliches Verlangen und damit ein zweites Hindernis.

Daher also spricht der Buddha nicht von freudiger Erregung, sondern von freudiger Bewegung. Vermutlich haben wir, wenn wir einmal die fünf groben Hindernisse überwunden haben, an dieser Stelle eine ganze Menge zu üben, um den Schritt in die freudige Bewegung nicht zur freudigen Erregung werden zu lassen. Und vermutlich werden wir, einmal an dieser Stelle angelangt, in vielen, vielen weiteren Meditationen doch wieder mit den groben Hindernissen zu kämpfen haben. Fortschritt ist möglich, aber der Fortschritt ist eine Schnecke, und zwar eine Schnecke, die immer einmal den Krebsgang einlegt. Doch durch stetige Bemühung lässt sich auch das meistern.

Und dann beschreibt der Buddha die weiteren Schritte der Entfaltung der ersten meditativen Vertiefung, ich zitiere:

Freudig bewegt wird er heiter. Heiteren Herzens wird der Körper beschwichtigt. Körperbeschwichtigt fühlt er sich wohl. Sich wohlfühlend wird sein Geist einig.

Also:

a) Freudige Bewegung
b) Heiterkeit des Herzens
c) Körperbeschwichtigung
d) Wohlfühlen
e) Einigkeit, d. h. Integration des Geistes
 
Auf die erste Freude folgt also eine heitere Gelassenheit, eine körperliche Beruhigung, ein Wohlgefühl und eine Integration der verschiedenen normalerweise divergierenden Wünsche und Antriebe unserer Psyche. Das ist ganz wichtig. Ein erstes Hauptziel unserer Meditation muss nämlich die Integration unserer verschiedenen, häufig widersprüchlichen Persönlichkeitsanteile sein. Und diese Integration erfolgt gewissermaßen als Produkt unserer meditativen Bemühungen. Jetzt wird auch klar, warum es so schwierig ist, die Meditationshindernisse zu überwinden: sie sind letztendlich nichts anderes als das Brodeln unseres unintegrierten Unterbewusstseins.

Und weiter führt der Buddha aus, ich zitiere:

So gewinnt er, fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Verzückung, die erste Vertiefung.

Im ersten Teil des Satzes „fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen“ wird noch einmal auf die Überwindung der Meditationshindernisse hingewiesen. Offensichtlich kommt dem sinnlichen Verlangen eine besondere Bedeutung zu, denn es wird als erstes einzeln erwähnt. Dies liegt meines Erachtens darin, begründet, das wir sinnliches Verlangen, dessen Befriedigung uns möglich ist, normalerweise nicht als „unheilsames Ding“ ansehen, es daher nicht unter die „unheilsamen Dinge“, nämlich die anderen vier Meditationshindernisse subsummieren würden. Sind also sinnliches Verlangen, vulgo Begierden, und die unheilsamen Dinge, also Aversion, Unentschlossenheit, Trägheit und Unruhe, überwunden, dann steigt die erste meditative Vertiefung auf. Diese beschreibt der Buddha mit fünf Adjektiven und Attributen als „in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Verzückung“.

Hinter diesen Begriffen verstecken sich nichts anderes als die fünf sogenannten Vertiefungsfaktoren, die in der ersten meditativen Vertiefung auftreten, nämlich

sinnend aufnehmendes Denken, es kommt dem oder der Meditierenden – und zwar gezielt – etwas in den Sinn, z. B. in der zweiten Stufe der metta bhavana unser guter Freund. Das ist der Vertiefungsfaktor der in Pali mit vitakka bezeichnet und gewöhnlich mit "Gedankenfassung" übersetzt wird;
gedenkend das diskursive Denken (Pali: vicara, der zweite Vertiefungsfaktor), mit dem wir die Bemühung unterstützen, dass sich metta hinsichtlich dieser Person entfalten kann;
ruhegeborener, wird deutlich, dass die ganze Unruhe, die eines der fünf Hindernisse war, vorüber ist, und unser Geist nunmehr einspitzig (Pali: citt'ekaggata = sog. einspitzige Ausrichtung des Geistes auf das Meditationsobjekt, also der dritte Vertifungsfaktor) auf der Emotion metta und nichts als metta liegt;
seliger ist das selig-süße Glücksgefühl angesprochen, das wir als sukha, Glückseligkeit (=vierter Vertiefungsfaktor), bezeichnen, und fünftens im Wort
• Verzückung ist natürlich piti, dieses Gefühl von Begeisterung, von überschäumender Freude gemeint (fünfter Vertiefungsfaktor), die eine körperliche Auswirkung aber keine körperliche Ursache hat.
Und der Buddha beschreibt die meditative Vertiefung zusammenfassend mit dem Satz:
 
Diesen Leib durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit ruhegeborener seliger Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von ruhegeborener seliger Verzückung ungesättigt bleibt.

Ich möchte euer Augenmerk darauf lenken, dass da nicht steht: er wird von ruhegeborener seliger Verzückung durchdrungen. Und warum nicht? Weil das eine passivische Formulierung wäre. Die Vertiefungsfaktoren sind aber nichts, was uns passiv zustößt, sondern etwas, das wir aktiv gestalten müssen. Meditative Vertiefung ist nichts, was dir zusößt, du musst sie dir erarbeiten, indem du die Bedingungen schaffst, dass sie auftreten können. Genau das drückt das Wort bhavana (Werden ermöglichen) in dem Ausdruck metta bhavana aus.

Daher die aktivische Formulierung:

ER durchdringt diesen Leib mit Verzückung.
ER durchtränkt den Leib mit Verzückung.
ER erfüllt ihn mit Verzückung.
ER sättigt ihn mit Verzückung.
Noch einmal: Diese Verzückung, dieser Vertiefungsfaktor piti, wird sich normalerweise nicht von alleine einstellen. Das ist etwas, woran man aktiv arbeiten muss. Dieses körperliche Gefühl ist also nicht körper-, sondern geistgeschaffen.
In dieser Integration, die hier beschrieben wird, ist also noch einmal ganz deutlich: der ganze Körper ist durchdrungen von einem Gefühl, das nicht körper- sondern geistgeschaffen ist. Und eben durch diese Durchdringung wird der Widerspruch zwischen Körper und Geist aufgelöst und damit ein entscheidender Beitrag zur Nondualität, zur Überwindung der Dualität von Körper und Geist gelegt. Zumindest für die Dauer dieser meditativen Vertiefung ist diese Dualität, dieser Grundwiderspruch aufgehoben.

Und um das noch einmal ganz deutlich zu machen, zieht der Buddha den Vergleich mit einer alltäglichen, nichtmeditativen Erfahrung, nämlich mit der Herstellung von so etwas Profanen wie Flüssigseife:

„Gleichwie etwa, ein gewandter Bademeister auf ein Becken Seifenpulver streut und mit Wasser versetzt, verreibt und vermischt, so dass sein Schaumball völlig durchfeuchtet, innen und außen mit Feuchtigkeit gesättigt ist und nichts herabträufelt: ebenso auch, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib mit ruhegeborener seliger Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von ruhegeborener seliger Verzückung ungesättigt bleibt. - Das aber ist ein sichtbarer Lohn der Bemühung, vortrefflicher noch als es der frühere war.

Was also macht der Bademeister in diesem Beispiel, das der Buddha anführt? Er nimmt zwei unterschiedliche Elemente. In der Antike sprach man, wie wir im Laufe des ErDa-Kurses gesehen haben, von den vier Grundelementen, nämlich dem Erdelement, dem Wasserelement, dem Luftelement und dem Feuerelement. Als Erdelement gilt alles Feste, hier also das Seifenpulver, als Wasserelement gilt alles Flüssige. Das Erdelement ist das gröbere, das härtere der beiden, das Wasserelement das feinere, dynamischere. Der Buddha vergleicht also unseren Körper mit dem gröberen Erdelement und unseren Geist mit dem dynamischeren Wasserelement.

Was der Bademeister macht, ist genau das, was der Handelnde in der Meditation zu machen hat, also der Meditierende. Er durchdringt das gröbere Element mit dem feineren, sodass eine völlige Einheit entsteht, eine Melange, in der kein Seifenpulver und kein Wasser mehr da ist, sondern ein Schaumball, der die beiden Elemente transzendiert, es wird also eine Nondualität hergestellt.

Dieses Erzeugen der Nondualität von Geist und Körper in ruhegeborener seliger Verzückung wird, so bezeichnet es der Buddha, als der Lohn meditativer Vertiefung verstanden, als ein Zustand „vortrefflicher noch als es der frühere war“. Und dieser frühere Zustand ist der normale menschliche Zustand gewesen, also das, was wir in maßloser Übertreibung immer wieder gern als „Krone der Schöpfung“ bezeichnen.

Die Evolution jedoch geht weiter. Und auf dem großen Schritt von der Evolutionsstufe des Menschen zur nächsthöheren, der des Buddha, ist hier ein entscheidender Zwischenschritt erlangt, nämlich die erste meditative Vertiefung. Allerdings ist dieser Zwischenschritt nur vorübergehender Natur. Nach dem Ende der Meditation, nach dem Ende der ersten meditativen Vertiefung, ist der Mensch wieder zurück im Reich der Dualität. Wir haben aber einen Vorgeschmack von dem bekommen, was auf uns wartet, wenn wir den Pfad, den der Buddha lehrt, bis zum Ende gehen.

Ich möchte noch auf den nächsten Schritt zu sprechen kommen, die zweite meditative Vertiefung.

„Weiter sodann: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von Sinnen, von Gedenken freie, in der Einigung geborene selige Verzückung, die zweite Vertiefung.

Der Unterschied zur ersten meditativen Vertiefung besteht also darin, dass die zweite Vertiefung „von Sinnen, von Gedenken“ frei ist, d. h. sowohl die Gedankenfassung als auch das diskursive Denken kommen völlig zum Erliegen. In der zweiten Vertiefung gibt es keine Denkprozesse mehr. Der Geist ist weiter einspitzig auf das Meditationsobjekt gerichtet und die selige Verzückung, also die gleichzeitige Anwesenheit von sukha, von Glückseligkeit, und von piti, von Begeisterung, dauert an. Der Buddha führt weiter aus:

Diesen Leib durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit der in der Einigung geborenen seligen Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Verzückung ungesättigt bleibt.

Das klingt ähnlich wie bei der ersten Vertiefung, ist aber in einem entscheidenden Punkt anders, denn diesmal ist die selige Verzückung „in der Einigung geboren“, d. h. sie basiert auf der Integration aller divergierenden Elemente, die in der ersten Vertiefung erreicht wurde. Nur dadurch, dass wir unsere unterschiedlichen, divergierenden Persönlichkeitsanteile integriert haben, konnte das mentale Brodeln zum Ende kommen und nur dadurch ist es uns jetzt möglich, einspitzig beim Meditationsobjekt zu verweilen, ohne den Geist mit Denken zu beschäftigen.

Und abermals zieht der Buddha einen poetischen Vergleich:

„Gleichwie etwa, ein See mit unterirdischer Quelle, in den sich kein Bach ergösse, keine Wolke mit tüchtigem Regen darüber hinwegzöge, in welchem nur die kühle Quelle des Grundes emporwellte und diesen See völlig durchdränge, durchtränkte, erfüllte und sättigte, so dass nicht der kleinste Teil des Sees von kühlem Wasser ungesättigt bliebe: ebenso auch durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib mit der in der Einigung geborenen seligen Verzückung, so dass nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Verzückung ungesättigt bleibt. Das aber ist ein sichtbarer Lohn der Bemühung, vortrefflicher noch als es der frühere war.

Auch hier dient wieder das Wasser als Metapher für den Geist, wobei das Wasser hier als „kühle Quelle“ beschrieben wird. Ein Begriff, der in einem heißen Land wie Indien natürlich für angenehme Erfrischung steht. Die Kühle des Geistes rührt daher, dass alle hitzige Aufgeregtheit zur Ruhe gekommen ist. Und wieder ist ein kleiner aber deutlich sichtbarer Zwischenschritt auf dem Weg zur nächsten Evolutionsstufe erreicht, so führt der Buddha auch am Ende dieses Abschnittes aus:

Das aber, ist ein sichtbarer Lohn der Bemühung, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Und ganz ähnlich erläutert der Buddha auch die beiden anderen meditativen Vertiefungen, in denen die freudige Erregung abklingt, die letztendlich Teil der acht weltlichen Winde ist, welche aufgrund ihres jeweiliges Gegenteil Identität gewinnen, nämlich Freud und Leid, Lob und Tadel, Ruhm und Schande, Gewinn und Verlust.

Und indem dies zur Ruhe kommt, sind wir in der Lage, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, nämlich als Folge abhängigen Entstehens, als Kette aus Ursachen und Wirkungen. Diese nüchterne Erkenntnis nennt man Gleichmut. Und nüchtern ist hier wörtlich gemeint: nach der Besoffenheit des normalen verblendeten Zustandes beginnen wir die Dinge dann so zu sehen, wie sie sind, als logische Folgen in einem Netzwerk von Bedingungen. Und so ist nach Durchlaufen der vier meditativen Vertiefungsstufen der feinkörperlichen Sphäre die Grundlage gelegt für eine erfolgreiche Vipassana-Praxis, für Einsichtsmeditation. Schließlich führt der Buddha aus:

„Solchen Geistes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unantastbar, richtet er den Geist auf die Wissensklarheit. Er erkennt nun:

Und an dieser Stelle möchte ich die Ausführungen beenden, denn was der oder die Meditierende dann erkennt, erschließt sich uns nicht durch kurzes Hören weniger Worte des Buddha, obwohl darin sehr wichtige Hinweise sind, sondern neben dem Hören auch durch weises Reflektieren und tiefes Meditieren. Dem dienen unter anderem unsere Veranstaltungen der Reihe „Hören – Reflektieren – Meditieren“.  Dies kann zur relativen Einsicht führen.

Die vollkommene Einsicht kann jedoch, wie der Buddha in dieser Lehrrede zeigte, erst auf der Basis der vier meditativen Vertiefungen sicher angegangen werden, denn nur hierdurch ist der Geist geläutert genug, positiv genug, gleichmütig genug, um bestimmten Wahrheiten offen ins Gesicht zu sehen.

Und genau, um auf diesem Wege voranzukommen, wurde der ErDa-Kurs geschaffen.


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