Abschnitt ErDa-7 - Die volle Herzlichkeit:.
VII. 3. Übung zu den khandhas:
vedana und sankhara .
überarbeitet im Januar  2018
Vedana (Empfindung) und sankhara (Gestaltungskraft) sind zwei der khandhas, der fünf Gruppen, aus denen wir bestehen, wobei das eine aus dem anderen folgt.

Beständig haben wir den Wunsch etwas zu gestalten. Häufig ist dieser Wunsch aber auch rein reaktiv auf ein vedana aufgekommen. Da fragt es sich doch, ob es geschickt war, so zu handeln. Dazu einige Beispiel, jeweils links steht der Anlass (phassa), woraus eine Einschätzung (vedana) erfolgt und rechts ein möglicherweise aufkommender Gestaltungswunsch (cetanā):
  • Wir empfinden ein Jucken am Unterarm.................................. wir wollen uns kratzen
  • Wir gehen an einer Bäckerei vorbei  ........................................wir holen uns einen Snack
  • Unser Kind kommt mit einer guten Note nach Hause ............es soll Abitur machen
  • In der Meditation fällt uns eine E-Mail ein ................................ wir wollen sie beantworten
  • Wir werden am Berg überholt  ...................................................wir überlegen, ein stärkeres Auto zu kaufen
Das sind willkürliche Beispiele, vielleicht fandest du dich in dem ein- oder anderen wieder, vielleicht auch nicht. Du machst nachher in einer Übung andere Beispiele, die deiner Erfahrung entsprechen.

Ich möchte jetzt eines dieser Beispiele untersuchen, das mit der Bäckerei. - Offensichtlich war da ein vedana, und zwar ein positives, dieses vedana führte zu Verlangen (tanha) und so zum Kaufkakt (upadana). Was waren die Beweggründe dieses Kaufaktes? Waren sie heilsam (kusala) oder unheilsam (akusala)?

(1)  Es kann sein, dass du schon die ganze Zeit Hunger hattest und nach etwas zu essen suchtest. Dann ist dein Verhalten konsequent, vernünftig und angemessen. Es war also gut, dass dieses vedana da war. Vedana sind also nützlich, haben ihren Stellenwert und wir sollten diesen Empfindungen trauen. Man könnte noch untersuchen, warum du dir gerade dieses Teil gekauft hast und nichts anderes. Da kämen wir dann vielleicht an Aspekte, die das Ganze nicht mehr so vernünftig erscheinen lassen.

(2) Du hattest dich gerade heftig über jemanden geärgert. Hunger hattest du eigentlich nicht. Dennoch hast du dir etwas gekauft. Vermutlich wolltest du die unguten Gefühle durch ein gutes Gefühl abschwächen, neutralisieren oder übertönen. Wenn du zu Übergewicht neigst war das keine gute Idee. Dann haben dich die vedana zu einer Fehlentscheidung gedrängt und du bist in die Falle getappt. Es ist gut möglich, dass du dich hinterher nicht nur über die andere Person ärgerst, sondern auch noch über dich, weil du diese Kalorienbombe gekauft hast.

(3) Gleiche Situation, aber du neigst nicht zu Übergewicht. Damit drängen dich deine vedana nicht unbedingt zu einer Fehlentscheidung
(a)
Du kaufst dir das Teil und isst es im Weitergehen rasch in dich hinein. Vermutlich spürst du den Geschmack gar nicht, weil du noch in Gedanken bei dem Ärgerauslöser bist. Durch die Ersatzhandlung kommst du offensichtlich nicht davon los, du frisst vielmehr den Ärger in dich hinein. Dein vedana hat dir nicht genutzt, sondern eher geschadet.
(b) 
Du bestellst dir dieses leckere Teil und dazu noch ein Kännchen Kaffee und setzt dich in das der Bäckerei angeschlossene Café. Du ziehst bewusst einen Schlussstrich unter die ärgerliche Situation und isst gaaaaaanz achtsam und genüsslich das Teilchen und genießt den leckeren Kaffee dazu. In diesem Fall hast du dein vedana genutzt. Es geht dir jetzt besser.
(c) 
Du kaufst das Teilchen, lässt es dir einpacken, um es zu Hause zu verspeisen. Du nimmst dir vor, es erst zu essen, wenn dein Ärger verraucht ist. Du denkst noch kurz an die ärgerliche Situation, dann wird dir klar, dass du diese Gedanken besser hinter dir lassen solltest, damit du deine Belohnung bekommst. Statt dessen malst du dir jetzt aus, wie du es zu Hause essen wirst. Vielleicht solltest du dir diesen leckeren Vanille-Tee dazu bereiten – und ja, du wirst dich auf den Balkon setzen, des schönen Wetters wegen. Und die Blumenvase stellst du auch auf den Tisch. Hinterher, wenn es dir wirklich ganz wohlig ist, wirst du dir diesen interessanten Zeitschriftenartikel vornehmen, zu dem du gestern nicht mehr gekommen bist. Oh ja, so nett soll es werden. Auch in diesem Fall hast du das vedana genutzt, um von der unschönen Situation wegzukommen zu einer bedeutend schöneren.

(4) Du hattest weder Hunger noch hattest du dich über jemanden geärgert. Dennoch hast du das Teil gekauft und gegessen. Beim nachträglichem Betrachten stellt sich heraus, dass dir deine Oma so etwas Ähnliches als Kind oft gekauft hat, wenn sie dich belohnen wollte. Ursache war also nicht Hunger, sondern Wunsch nach Belohnung oder mütterlicher Zuneigung.

Offensichtlich sind vedana nicht von sich aus etwas Gutes oder Schlechtes. Wichtig ist, was wir daraus machen. Dazu ist es nötig, die Situation achtsam zu betrachten. Während Fall (1) karmisch eher neutral war, waren die Fälle (2) und (3a) karmisch eher negativ, die folgenden beiden (3b und 3c) waren karmisch positiv. Statt karmisch negativ oder positiv sagen wir besser geschickt (kusala) oder ungeschickt (akusala). Es geht also darum, mit Achtsamkeit das vedana zu betrachten und dann bewusst eine Entscheidung zu treffen, die geschickt ist. Buddhismus ist eigentlich ein Geschicklichkeitsspiel.

Im letzten Fall (4) war es so, dass dich die vedana zwar zu einer zweifelhaften Handlung verleitet haben, die nachträgliche Betrachtung ist aber eindeutig geschickt, denn dadurch wirst du dir deiner wahren Bedürfnisse bewusst und kannst versuchen, diese wirklichen Bedürfnisse im nächsten Schritt zu befriedigen, statt weiter durch Ersatzhandlungen dein eigentliches Bedürfnis unbefriedigt zu lassen.

Und wenn du jetzt noch etwa eine halbe Stunde Zeit hast, dann untersuche zwei oder drei Fälle, wie du gestern oder heute auf aufkommende vedana gehandelt hast.

Stelle fest

Hast du die Zeit nicht mehr, dann mache diese Übung irgendwann in den nächsten Tagen, lies dir aber vorher noch mal den Text durch, damit du wieder genau weißt, worum es geht.

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