Abschnitt ErDa-2 - Produkte negativen Karmas auflösen:

II.10. Wenn sie nicht schmelzen...
erstellt 2018

Möglicherweise bereitet dir das Abschmelzen der Spannungen Schwierigkeiten. Da ist eine Spannung und - so sehr du dich auch abmühst - sie will und will einfach nicht abschmelzen. Vielleicht wird sie nur ein bisschen weniger, vielleicht verändert sie sich gar nicht, möglicherweise hast du sogar den Eindruck, dass sie sich noch mehr verhärtet. Vielleicht ärgerst du dich sogar darüber und denkst: Ich kann das nicht! Vielleicht denkst du auch: Das ist alles großer Mist, das kann vielleicht bei einfachen Geistern durch Autosuggestion funktionieren, aber nicht bei einem aufgeklärten Menschen wie mir! Mit anderen Worten: du hast ein Hindernis.

Natürlich kann kein vernünftiger Mensch denken, wenn man einfach zu einer Verspannung sagt: sei weg, dann geht sie weg. Der Aufbau einer Verspannung war ein Prozess und auch der Abbau einer Verspannung ist ein Prozess. Spannungen haben sich durch unheilsame Prozesse (akusala karma) aufgebaut, und sie lassen sich nur durch heilsame Prozesse (kusala karma) abbauen. Das Ergebnis dieses Prozesses, die Früchte dieses Prozesses (karma vipaka) sind Verspannungsfreiheit und Entspannung.

Prozesse sind keine Zauberei, Prozesse dauern eine Zeit. Schließlich hast du auch lange daran gearbeitet, die jeweiligen Verspannungen aufzubauen! Und es geht schon gar nicht, wenn du versuchst in deine Bemühung verkrampft Energie hereinzustecken. Verkrampfte Bemühungen sind vielmehr die Ursache von Verspannungen. So erklärt sich auch der Effekt, dass bei manchen Personen diese Verspannungen zuzunehmen scheinen. Das ist jedenfalls einer der Gründe, warum diese Verspannungen zunehmen können.

Es gibt einen weiteren Grund dafür, dass sie möglicherweise - allerdings in diesem Fall nur scheinbar - zunehmen. Endlich wird Achtsamkeit auf die Verspannung gelegt! Dein Körper freut sich, dass du das endlich bemerkst, und er will dir sagen: ja, hier ist die Stelle, bitte hilf mir!

Wie aber kann man dem Körper helfen, wie kann man Spannungen - auch ganz hartnäckige Verspannungen - abmildern und schließlich schmelzen lassen? Nun, auf die Art, die wir in diesem Kursus von Anfang an üben, nämlich mit der Kraft von metta. Begegne deiner Verspannung mit Freundlichkeit. Das ist der Grund, warum es in den Meditationen heißt: lächle der Verspannung freundlich zu. So wie Freundlichkeit letztendlich unsere härtesten Widersacher entwaffnen kann, wie sie die Verhärtung ihres Herzens dahin schmelzen lassen kann, so kann diese Freundlichkeit auch deine Verspannungen dahinschmelzen lassen. Die Bedingungen dafür, dass dies geschieht, sind (1) Freundlichkeit, (2) Achtsamkeit, (3) Ruhe und (4) Geduld.

Zu (1) Freundlichkeit habe ich bereits etwas gesagt. Die (2) Achtsamkeit ist notwendig, damit du die Verspannung erkennst, damit du sie genau lokalisieren kannst, und damit du dich bemühen kannst, die Muskelanspannung, die zu dieser Verspannung geführt hat, zu erkennen und zurück zu führen. Die (3) Ruhe ist nötig, weil Verspannungen gerade aufgrund von Unruhe, von Hektik, von Stress entstehen. Das ist auch der Grund, warum wir uns in der Sitzmeditation darum bemühen, alle den Stress verursachenden Faktoren auszuschalten, also alles was unserem Körper Stress verursacht, alles was unsere Empfindungen stresst, und natürlich auch denjenigen, der uns am häufigsten und intensivsten stresst, unseren Geist, der ein kleines Äffchen ist und immer etwas zu tun haben will, und der beständig von einem Gedanken zum nächsten hüpft. Und auch dieser Affengeist ist natürlich Teil unserer Evolution, etwas das wir durch unsere Praxis hinter uns lassen können, damit wir uns vom Äffchen zum Menschen, zu einem fröhlichen, gesunden Menschen, entwickeln können, und - wenn wir wollen - von dort aus weiter Richtung Buddhaschaft, dem nächsten großen Ziel der Evolution. Und für diesen weiten Weg brauchen wir natürlich (4) Geduld, und dies gilt auch für jeden Teilprozess dieses Weges, und eben auch für den Teilprozess, in dem wir einzelne Spannungen abschmelzen lassen.

Mach dir keinen Kopf darum, wenn du keine oder nur ganz minimale Veränderungen beim Abschmelzen verspürst. Das ist nicht tragisch, das tritt bei vielen Menschen so auf. Tatsache ist: wenn du alle vier genannten Bedingungen einsetzt - und nicht außerhalb der Meditation kontraproduktiv in die Gegenrichtung arbeitest, dann schmelzen deine Verspannungen allmählich ab - möglicherweise unterhalb deiner Wahrnehmungsgrenze.  Auf jeden Fall ist, wenn du diese vier Bedingungen erfüllst, in jeder Meditation so viel Verspannung abgeschmolzen, dass du die weiteren Stufen der Meditation  erfolgreich absolvieren kannst und wirst. 

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