Mit Körper, Rede und Geist
eine Meditation von "Meditation am Obermarkt", Gelnhausen,
aus dem Projekt ErDa - erdverbundene Dankbarkeit
mit einem Einführungsvortrag


© Horst Gunkel, Gelnhausen, Verlinkung erwünscht  letztmals geändert am 17. Oktober 2015
Vortrag zur Vorbereitung

Wenn wir hier zu Beginn unserer Veranstaltungen, den Schrein begrüßen, dann sagen wir:

Namo Buddhaya, namo Dharmaya, namo Sanghaya, namonama, OM – AH – HUM

Ehre sei dem Buddha, dem Vorbild, das uns inspiriert, Ehre sei dem Dharma, dem System von Übungen, das er uns gelehrt hat, und Ehre sei dem Sangha, der Gemeinschaft der ernsthaft diese Lehre Praktizieren-den. „Namonama“ ist so etwas wie eine Bekräftigungsformel. Und zum Schluss sagen wir die drei heiligen Silben „OM AH HUM“, wobei wir vielleicht unsere in Lotosform gehaltenen Hände nehmen und beim OM unsere Stirn berühren, beim AH unseren Hals und beim HUM unsere Brust. Das bedeutet, wir verehren die drei Kostbarkeiten, den Buddha, den Dharma und den Sangha, auf alle drei Arten, mit Körper, Rede und Geist.

Dann steht also in dieser Begrüßungsformal die Silbe OM für den Körper; und die Stelle, die wir dabei an unserem Körper berühren, ist die Stirn, genauer, die Stelle zwischen unseren Augenbrauen, hier sitzt nach der indischen Lehre das Ajna, das Stirncakra, eines der wichtigsten Kraftzentren unseres Körpers.

Beim AH, denken wir an die Rede, mit der wir auch Buddha, Dharma und Sangha verehren, und dementsprechend berühren wir unseren Hals, genauer gesagt, die Stelle, wo unser Kehlkopf sitzt. Das Visuddha, das Kehlcakra ist auch eines der wichtigsten Kraftzentren und es steht für das Ausdrucksvermögen, für unsere Artikulierungsfähigkeit.

Und schließlich beim HUM berühren wir die Brust, und zwar in Höhe des Anahata, des Herzcakras. Mit diesem haben wir uns beim letzten Mal bereits beschäftigt, daher wissen wir, dass das Herzcakra für Freude und Liebe steht.

Was uns vielleicht verwundert ist, dass das Herz in diesem Zusammenhang für Geist steht. Den hätten wir vielleicht in unserem Hirn vermutet. Das allerdings ist eine typisch westliche Denke. Das allein wäre noch kein Problem, westlich ist ja per se weder gut noch schlecht, aber mit dieser Denke geht ein großes Problem einher. Wir sprechen von unserem Geist, aber was meinen wir eigentlich damit? Manche – hier spielen in unserem Kulturkreis die abrahamitischen Religionen eine Rolle – meinen damit die Seele, und damit etwas gottgeschaffenes, das merkwürdigerweise – obwohl von Gott geschaffen – möglicherweise böse und verdammungswürdig ist und daher für alle Zeiten, in Ewigkeit in der Hölle schmoren muss, weil sein Träger in einer mit dieser ungeheuren Bestrafungszeit verglichen unwahrscheinlich kurzen Zeit einige Dummheiten gemacht hat.

Für andere wieder – und das scheint der heutigen Mehrheitsmeinung zu entsprechen – ist der Geist eine intellektuelle Fähigkeit. Man kann ihn messen – im materialistischen Denken muss alles gemessen werden – man misst ihn im Intelligenzquotienten. Und er ist eine Fähigkeit, von dem sich die Kybernetik gerade bemüht, ihn auch Computern beizubringen. Mit anderen Worten: der Intellekt ist etwas Herzloses. Gerechtigkeit ist eine Sache, die vom Herzen kommt – aber der Rechtsstaat kann ungeheuer herzlos daher kommen. Ethik ist eine Sache, die vom Herzen kommt – aber moderne Philosophie ist häufig nur eine unverständliche intellektuell-sprachliche Verirrung. Freude ist etwas, das von Herzen kommt, die Unterhaltungsindustrie aber ist ein Zweig unseres profitorientierten Konsumsystems.

In der altindischen Sprache Pali kennen wir das Wort CITTA. Citta heißt Geist. Citta heißt aber auch Herz. Herz hier nicht im Sinne eines Muskels, der, wenn er abgenutzt ist, durch Herztransplantation oder ein Kunstherz ersetzt werden kann. Citta, Herz-Geist, ist etwas anderes, etwas Poetisches, etwas, das wir meinen, wenn mir sagen

• mir geht vor Freude das Herz über
• ich hab´ dich von Herzen lieb
• da steckt mein Herzblut drin
• etwas mit ganzem Herzen tun
• ihr Herz hängt an dieser Sache
Einer Sache mit vollem Herzen zugetan zu sein, heißt von einer Sache begeistert sein. Noch einmal: Einer Sache mit vollem Herzen zugetan zu sein, heißt von einer Sache begeistert sein. VON VOLLEM HERZEN und BEGEISTERT – da haben wir die beiden Begriffe wieder.

Was tun wir, wenn wir jemanden lieben? Ich meine jetzt nicht, wenn wir ihn oder sie sexuell attraktiv finden, sondern wirklich: wenn wir jemanden lieben, von ganzen Herzen, ohne von ihr oder ihm eine Gegenleistung zu erwarten.

Nun Liebe kommt vom Herzen. Das bedeutet, wir denken liebevoll an ihn oder sie, das ist Handeln auf der ersten Ebene, mit dem Geist, mit dem Herzen, hierfür steht das Kraftzentrum des Herzcakras.

Vermutlich sagen wir es dieser Person auch irgendwie. Und das meine ich jetzt nicht das romantisch-kitschige „Ich liebe Dich“, sondern die freundliche Frage, „Kann ich dir dabei irgendwie helfen?“  Das ist Handeln auf der zweiten Ebene, der sprachlichen, hier kommt das Kehlkopf-Cakra ins Spiel, das für den Wunsch steht sich auszudrücken.

Und dann sagt diese Person, der wir unsere liebende Güte durch die Frage „Kann ich dir dabei irgendwie helfen?“  ausgedrückt haben uns vielleicht: „Ja, du kannst mir helfen, unsere Wesak-Feier vorzubereiten“, und dann ist Handeln auf der dritten Ebene, auf der Ebene der Tat gefragt. Hierzu müssen wir uns überlegen, wie wir dies tun, und dies dann mit einer körperlichen Aktion umsetzen. Und das ist der Grund, warum wir dabei unsere Stirn berühren, es geht um die praktische Umsetzung, hier sind unser Intellekt und unser Körper gefragt.

Das war der theoretische Vorspann für unsere heutige Meditation, in der wir uns drei Cakrenen, drei Kraftzentren in unserem Körper zuwenden, dem Herzcakra, dem Kehlcakra und dem Stirncakra zu.

An dem Begriff Cakra brauchst du dich übrigens nicht zu stören, auch wenn er von Esoterikern verwendet wird. Das ist ein altindischer Begriff und er bedeutet eigentlich Rad, in diesem Zusammenhang aber so viel wir Kraftzentrum. Er bezeichnet einfach eine Stelle, an der in unserem Körper eine bestimmte Kraft steckt oder die mit einer bestimmten Kraft verbunden ist. Und da alles, was wir in unserem Körper haben, jedes Molekül, jedes Atom, jede Energie bekanntlich von der Erde kommt, oder der Sonne, in diesem Fall aber durch die Erde gespeichert, gilt das natürlich auch für unsere inneren Kräfte.

Während dieser Meditation fassen wir einige Vorsätze, die wir anschließend gleich motieren wollen, damit wir niht vergessen, sie umzusetzen. Daher ist es ganz hilfreich, wenn du dir schon vor der Meditation Zettel und Stift bereitlegst.

Meditation

• Zunächst gehe deine Sitzhaltung durch – sitzt du richtig stabil, gut geerdet auf deinem Kissen? – untersuche, ob deine Beine schmerzfrei gekreuzt sind, die Füße und womöglich auch die Knie geerdet – deine Wirbelsäule aufrecht und ausbalanciert – die Arme hängen entspannt, die Hände liegen auf – der Kopf in einer stabilen Lage, die Augen

• Wir führen jetzt einen Körperscan durch und lächeln mit dem Einatmen unseren Verspannungen zu und lassen sie mit dem Ausatmen abschmelzen, wir beginnen an den Füßen – jetzt zu den Unterschenkeln – Oberschenkel – in die Hände und Finger – Unterarme – Oberarme – Schultern – Nacken und Halswirbel – in den Schädel – zum Stirncakra – Gesicht  – vorderer Hals mit dem Kehlcakra – Brust – Brustkorb mit dem Herzcakra – weiter zum Brustkorb hinten und Brustwirbel – Lendenwirbel und Rücken – Kreuzbeinwirbel – Bauch – Genitalien – Gesäß – Steißbeinwirbel – zum Wurzelcakra, das ist der Punkt zwischen Genitalien und Anus

• am Wurzelcakra folgst du mit deinem Gewahrsein dem Abfließen deiner Spannungen – diese wird von der positiven Erdkraft geläutert – sie wird durch die Energie der Erde transformiert zu deiner Wurzel – es fließen weitere abgeschmolzene Spannungen durch dein Wurzelcakra, geläutert von der liebenden Kraft der Erde, deine Wurzel wird kräftiger und stärker – die Wurzel verästelt sich – deine Wurzeln wachsen einen Meter tief ins Erdreich – das Wurzelcakra erweitert sich – es entstehen kleine, haarfeine Würzelchen – du hast den Boden auf zwei Meter in die Tiefe und die Breite durchwurzelt – immer feinere, unendlich kleine Würzelchen ausgebildet – diese feinsten Würzelchen durchdringen das Erdreich, die Grenzen zwischen deinen Wurzeln und der Erde verschwinden – die Erde, deine Wurzel, dein Wurzelcakra und du, ihr seid eins

• Dein Gewahrsein sinkt weiter herab in die Tiefen der Erde – dort, unendlich weit unter dir ein Licht, hell wie die Sonne – der Ursprung aller Dinge – diamantengleich – heiß wie die Sonne, aber mit einer angenehm warmen Ausstrahlung – das ewige Lebenselixier – dieses Feuer ist metta, ist Liebe – du weißt es schon: die Essenz des Lebens ist Liebe

• dein Gewahrsein in der Tiefe, dein Körper auf der Erde, zwischen euch die Bewusstseinsverbindung, die dich mit dem Feuer der Liebe entflammen lässt – die prana, die Erdenergie, der warme Atem, der Atemhauch des Planeten Erde, der nichts anderes ist, als ein Strom von metta, von unendlicher, grenzenloser Liebe, steigt vom Inneren des Planeten, vom Herzen der Erde zu dir auf – folge mit deinem Gewahrsein der prana, dem Atemhauch des Planeten, aus der Tiefe durch alle Erdschichten langsam nach oben – der halbe Weg ist zurückgelegt – jetzt berührt die prana deine Wurzel – steigt durch deine Wurzeln zum Wurzelcakra – und langsam, ganz langsam entlang deiner Wirbelsäule nach oben, zunächst über die Steißbeinwirbel – jetzt die Kreuzbeinwirbel – Lendenwirbel – zu den Brustwirbeln – ins Herzcakra und verweilt hier – belebt dein Herz – dein Herz-Cakra ist erfüllt von der prana, der liebenden Lebenskraft der Erde – von der Erd-Metta erfüllt strahlt die Kraft der Liebe auf deinen ganzen Körper aus – freue dich und sei dankbar, dass du wunderbaren Körper hast – Metta strahlt auch auf deinen Geist  aus – jetzt sende aus deinem Herzcakra einem lieben Freund (einer lieben Freundin) deine lebensfrohe Mettakraft weiter --- jetzt sende einer der Person, mit der du jede Woche zu tun hast, für die du jedoch keine besonderen Empfindungen hast, einer neutralen Person also, aus deinem Herzcakra so viel metta zu, wie du nur kannst --- und nun sende ebenso viel metta einer Person zu, mit der du auch jede Woche zu tun hast, die dir aber ziemlich auf die Nerven geht, einer problematischen Person --- merke dir diese drei Personen, die positiv besetzte, die neutrale und negative gut, wir üben später mit diesen weiter, jetzt aber lass dich von diesem planetarischen Metta durchströmen und strahle es weiter in alle Welt – Hingabe – Wertschätzung – Hochachtung – Zärtlichkeit – strahle dieses Metta allen Wesen zu, gib allen Mitgefühl und Liebe, allen Kindern, allen Erwachsenen, allen alten Menschen, allen Tieren, allen Pflanzen, allen Wesen, die jemals gelebt haben – eine Liebe ohne jedes Habenwollen – selbstlos strahlend – göttlich – liebevolles Mitgefühl für alle leidenden Menschen, alle leidenden Tiere, alle bedrängten Wälder, die geschädigten Ozeanen, die Wüsten und Gewässer

• Jetzt folge der prana, dem Lebenshauch des Planten Erde weiter vom Herzcakra in die Brustwirbel – in die Halswirbel – die prana, die planetarische Liebe gelangt in dein Kehlcakra – das Kehlcakra steht für Ausdrucksvermögen – versuche deine Liebe zu dir selbst in einen Satz zu fassen, der dich vor Glück erstrahlen lasst --- und jetzt sage diesen Satz, ganz leise, damit es keiner hört, aber bewege deine Lippen, zärtlich zu dir selbst – nun komme zu dem Freund oder der Freundin, der du vorhin metta gesendet hast und nimm dir einen lieben Satz vor, mit der du ihn oder sie in den nächsten Tagen erfreuen wirst und merke dir den Satz gut, du wirst ihn nachher in eine Tabelle eintragen und ihn dieser Person wirklich sagen, du hast 2 Min. Zeit --- wie du dir denken kannst, machen wir das gleiche Spiel jetzt mit der neutralen Person, auch 2 Min. --- und 2 Minuten für die schwierige Person ---

• Wir begeben uns mit unserem Gewahrsein vom Kehlcakra, das für unser Ausdrucksvermögen steht, zurück zur Halswirbelsäule und steigen mit den Halswirbeln in unseren Schädel auf – dort gehen wir zum Stirncakra, das in unserem System für der Körper steht; überlege eine Handlung, die du zu deiner eigenen Freude in den nächsten drei Tagen umsetzen wirst, du hast 2 Min. --- und jetzt eine Handlung gegenüber der positiv besetzten Person, wie immer 2 Min. --- eine liebevolle Handlung zur neutralen Person --- und eine von metta getragene zur negativen Person

• Bevor du dich vor der Erde in Dankbarkeit dafür verbeugst, dass sie heute tatsächlich dein Reden und Handeln für die nächsten Tage positiv verändert hat, nimmst du einen Zettel und schreibst dir deine gefassten Vorsätze auf, damit du sie nicht vergisst, und steckst den Zettel in dein Portemonnaie
 
 
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